Kohlensäure – oder doch Kohlendioxid?
Kohlensäure entsteht, indem sich Kohlendioxid unter Druck in Wasser auflöst. Sobald der Druck verloren geht, kann das Wasser die Kohlensäure aber nicht mehr binden und aus der Kohlensäure entsteht wieder gasförmiges Kohlendioxid, das als Bläschen nach oben steigt. Das, was wir umgangssprachlich als Kohlensäure bezeichnen – die Bläschen, das Sprudeln –, ist also eigentlich Kohlendioxid, da die Kohlensäure innerhalb von 0,0000001 Sekunde zerfällt und damit für das bloße Auge unsichtbar ist. Von dieser „echten“ Kohlensäure enthalten sprudelnde Getränke noch dazu weniger als 1 % – alles andere ist in Wasser gelöstes Kohlendioxid. Als erster kam übrigens Ende des 18. Jahrhunderts Jacob Schweppe auf die Idee, Kohlendioxid Wasser künstlich zuzusetzen. Daraufhin gründete er Schweppes.
Oft ist Kohlensäure ein Nebenprodukt chemischer Prozesse – sie entsteht beispielsweise bei alkoholischer Gärung, wenn Hefe Malzzucker in Alkohol und Kohlensäure umwandelt. Kohlensäure kann aber auch auf natürlichem Weg in Wasser enthalten sein, wenn das Wasser aus Mineralquellen stammt.
Wird bald das Bier knapp?
Momentan ist Kohlendioxid kaum zu bekommen – und das, was es noch zu kaufen gibt, kostet das 10- bis 20-Fache. Der Grund dafür ist der Gaspreis: Die Hälfte vom verfügbaren Kohlendioxid entsteht als Nebenprodukt bei der Düngemittelherstellung. Da der Preis für Gas gerade so hoch ist, reduzieren die Hersteller von Düngemittel ihre Produktion sehr stark. Dadurch fehlen 30 bis 40 % der benötigten Kohlendioxid-Menge. Es gibt zwar jedes Jahr eine „Sommerlücke“, wenn die Düngemittelindustrie ihre Anlagen überholt, aber eine Situation wie in diesem Jahr gab es noch nie – und der Kohlendioxid-Mangel wird noch mindestens einige Monate anhalten. Die Mineralwasserhersteller, aber vor allem die Brauereien sind im Moment also für jede Tonne Kohlendioxid, die sie bekommen können, dankbar, auch wenn die gelieferten Mengen oft nach nur wenigen Tage aufgebraucht sind – eine Tonne Kohlendioxid reicht für etwa 6.000 Kästen bzw. 300 Fässer Bier.
Einen Vorteil haben jetzt große Brauereien, die teure Rückgewinnungsanlagen besitzen: Mithilfe dieser Maschinen wird die Kohlensäure, die bei der Biergärung entsteht, aufgefangen und gereinigt, damit sie wiederverwendet werden kann. So können die Brauereien mehr als die Hälfte der Kohlensäure, die sie brauchen, selbst produzieren und zumindest kurze Engpässe ausgleichen. Auch Mineralwasserhersteller müssen noch nicht allzu sehr zittern: Gerade in Gebieten, in denen das Wasser aus Vulkangestein gewonnen wird, ist oft natürliche Kohlensäure enthalten, sodass kein weiteres Kohlendioxid hinzugegeben werden muss.
Kleineren Brauereien droht aber das, was die Brauerei Neunspringe und die Vereinsbrauerei Apolda bereits durchmachen mussten: Mitarbeiter feiern Urlaub ab oder erledigen Wartungsarbeiten, weil nichts produziert werden kann. Alternativ könnte es auch dazu kommen, dass Getränke wie Limos, die besonders viel Kohlensäure bzw. Kohlendioxid enthalten, erst einmal nicht produziert werden können oder teurer werden. Hamsterkäufe sind trotz allem kontraproduktiv, da den Brauereien sonst die leeren Flaschen ausgehen.
Kohlensäure bzw. Kohlendioxid ist aber nicht nur ein fester Bestandteil von Mineralwasser und Limonaden, sondern auch wichtig für die Produktion von Bier: Mithilfe von Kohlendioxid wird der Innendruck von Tanks, Fässern und Flaschen erhöht, damit das Bier beim Abfüllen nicht mit Sauerstoff in Kontakt kommen kann. Das verhindert nicht nur das Schäumen vom Bier, sondern macht es auch länger haltbar.
Kohlendioxid ist nicht nur für Brauereien überlebenswichtig: Es drückt auch in der Gastronomie die Getränke beim Zapfen aus den Fässern und lässt in Gewächshäusern Gemüse schneller reifen. Außerdem macht es Wurst länger haltbar, indem es in die Verpackungen gefüllt wird und so den Sauerstoff verdrängt. Außerdem werden Schweine vor der Schlachtung mit Kohlendioxid betäubt – und es ist sogar im Feuerlöscher enthalten.
Je stärker und schwungvoller kohlensäurehaltige Getränke – allen voran Bier – eingegossen werden, desto mehr schäumt es. Am besten ist es deshalb, Bier vorsichtig und schräg einzuschenken. Außerdem muss das Glas vollkommen sauber sein, da Fett und Spülmittelreste die Oberflächenspannung der Kohlendioxid-Bläschen vermindern. Schon ein Fingerabdruck an der Innenseite vom Glas reicht, um die Blasen viel schneller zum Zerplatzen zu bringen.
So entsteht die Schaumkrone auf dem Bier
Ein Bier ohne Schaum? Bitte nicht! Schließlich verleiht die Schaumkrone dem Bier seine appetitliche Frische, indem er wie ein Deckel ein schnelles Entweichen vom Kohlendioxid aus dem Bier verhindert. Die beste Qualität hat ein Bier, dessen Schaum sich möglichst lange hält und schön fest ist. Neben dem Eiweiß- und Kohlendioxid- bzw. Kohlensäure-Gehalt des Biers ist auch die Temperatur ausschlaggebend: Ist das Bier zu kalt, schäumt es kaum; ist es zu warm, schäumt es sehr stark. Die optimale Temperatur von einem Bier liegt deshalb zwischen 6 bis 8° C.
In dem Moment, in dem Bier, Mineralwasser oder Limonade ins Glas gegossen wird, wird aus der verflüssigten Kohlensäure und dem verflüssigten Kohlendioxid gasförmiges Kohlendioxid, da der Druck in der Flasche verloren geht. Das gasförmige Kohlendioxid wird anhand der feinen Bläschen sichtbar. Beim Bier geschieht außerdem eine Besonderheit: An die Kohlendioxid-Bläschen lagern sich Eiweiß-Moleküle an, die von der Gerste oder dem Weizen stammen und um die Bläschen herum eine elastische Haut bilden. Zusammen mit Sauerstoff und Bier bilden sie, sobald sie an der Oberfläche vom Bier ankommen, den Bierschaum. Außerdem sorgen die im Bier enthaltenen Bitterstoffe vom Hopfen dafür, dass die einzelnen Kohlendioxid-Bläschen aneinanderhaften und stabile Komplexe bilden, die nicht so schnell zerplatzen. Mit der Zeit lockern sich die Komplexe aber allmählich, sodass das eingeschlossene Bier aus den Zwischenräumen zurückfließen kann – der Schaum verschwindet.