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Reifung von Lebensmitteln

Was lange reift, wird schließlich köstlich

Ohne die Reifung von Lebensmitteln hätte man vor der Erfindung des Kühlschranks Lebensmittel für den Winter kaum konservieren können. Der Prozess der Reifung gerät immer wieder in Vergessenheit, ist aber immens wichtig für viele Lebensmittel: Sie beeinflusst die Haltbarkeit von Lebensmitteln, macht manches erst genießbar und veredelt anderes durch die Bildung neuer Aromen.

Reifung von Obst & Gemüse

Unreifes Obst und Gemüse schmeckt nicht. Es enthält sehr viel Stärke, Säure und Chlorophyll. Erst während des Reifens steigt der Vitamin- und Zuckergehalt, neue Aromen und Farbstoffe werden gebildet und die Stärke, Säure sowie Gerbstoffe und Chlorophyll werden abgebaut.

Es gibt Obst und Gemüse, das nach der Ernte noch nachreift – und es gibt nicht nachreifendes Obst und Gemüse. Nicht nachreifende Früchte und Gemüsesorten dürfen erst geerntet werden, sobald sie die Vollreife erreicht haben. Das heißt: Das Obst und Gemüse kann so direkt gegessen werden, es sieht so aus und schmeckt so, wie es soll. Das trifft auf viele Beeren und Zitrusfrüchte zu, aber auch auf Paprika und Kirschen.

Nachreifendes Gemüse und Obst wird geerntet, sobald es die Erntereife erreicht hat. Ab dem Punkt reift das Obst und Gemüse selbständig weiter. Wird es hingegen früher geerntet, kann es die Vollreife nicht erreichen, schmeckt also auch anders und wird schneller schlecht. Beispiele für nachreifendes Obst und Gemüse sind Äpfel, Birnen, Pflaumen und Kiwis und Bananen, aber auch Tomaten.

Nachreifendes Obst und Gemüse stößt außerdem Ethylen aus. Dieses Gas beschleunigt die Reifung nach der Ernte, lässt aber nicht nachreifende Früchte und Gemüsesorten in der Umgebung wesentlich schneller verderben. Ethylenausstoßende und -empfindliche Früchte und Gemüse sollten also stets getrennt voneinander gelagert werden!

Einkochen, fermentieren & Co.: So machst Du Deine Ernte haltbar
Grüne und rote Tomaten

Ethylenausstoßendes Obst & Gemüse: Apfel, Birne, Feige, Pfirsich, Pflaume, Avocado, Tomate

Ethylenempfindliches Obst & Gemüse: Banane, Kiwi, Mango, Artischocke, Aubergine, Bohne, Erbse, Gurke, Kohl, Kohlrabi, Lauch, Salat


Reifung von Käse

Käse entsteht aus Milch, die mit Milchsäurebakterien und Lab versetzt wird. Daraus entsteht eine dicke Masse, der sogenannte Bruch. Dieser wird in feine oder gröbere Stücke geschnitten und anschließend geformt. Dieser Rohkäse ist weitestgehend geschmacksneutral. Um seinen typischen Charakter zu bekommen, muss er reifen.

Während Schnittkäse mehrere Wochen und Hartkäse sogar mehrere Monate lang reift, muss Weichkäse nur etwa 10 bis 30 Tage reifen. Weichkäse mit Außenschimmel reift außerdem von außen nach innen. In Zusammenspiel mit Mikroorganismen, die das Eiweiß abbauen, bleibt er so in der Mitte weich.

Bevor der geformte Käse in den Reiferaum kommt, verbringt er zunächst einige Stunden bis sogar Tage im Salzbad. Durch das Salzbad bildet sich die Rinde um den Käselaib. Die Rinde unterscheidet sich je nach Käsesorte und hält schädliche Bakterien vom Käse fern. Soll die Rinde nicht schimmeln, wird er regelmäßig gebürstet und/oder gewaschen. Außerdem wird der Käse während des Reifens regelmäßig gewendet, damit er eine schöne Form bekommt und eine gleichmäßige Rinde entsteht.

Der einzige Käse, der nicht reift, ist Frischkäse. Um 1 Kilo Frischkäse herzustellen, braucht man etwa 4 Liter Milch. Für Hartkäse sind es bis zu 13 Liter Milch.

Drei Kühe auf der Weide

Das Mikroklima im Reiferaum ist für die Reifung des Käses überaus wichtig, da je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit andere Hefen, Bakterien oder Pilze entstehen. Viele Käsesorten benötigen eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit, weshalb Käse besonders gern in Felsenkellern gelagert wird. Bei der industriellen Herstellung von Käse versucht man, in modernen Reiferäumen die speziellen klimatischen Gegebenheiten wie zum Beispiel von einem Felsenkeller nachzubilden.

Je natürlicher der Reifraum, je handwerklicher die
Produktion und je naturbelassener die Milch ist, desto
mehr beeinflusst der Reifeprozess den späteren Käse.

Während der Reifung produzieren die Milchsäurebakterien Kohlensäure. Je wärmer die Reifetemperatur ist, desto mehr Kohlensäure wird im Käselaib freigesetzt. Da die Kohlensäure wegen der Rinde nicht entweichen kann, entstehen so die typischen Löcher im Käse. Je mehr Kohlensäure freigesetzt wird, desto größer werden die Löcher. Wie viele Löcher entstehen, hängt aber von etwas anderem ab: Je unreiner die Milch ist, desto mehr Löcher gibt es im Käse. Neben Milch, Lab und Bakterien-, Pilz- oder Hefekulturen gibt es nämlich noch eine Geheimzutat, die im Käse nicht fehlen darf: eine Prise Heustaub! Je mehr Heupartikel Milch enthält, desto unreiner ist sie – und desto mehr Löcher entstehen.


Reifung von Spirituosen & Wein

Die Reifung wird bei Alkohol oft unterschätzt, ist bei manchen Getränken aber der wichtigste Herstellungsschritt.

Allgemein wird zwischen Fass- und Flaschenreifung unterschieden. Berühmt für die Fassreifung ist vor allem Whisky. Spirituosen können in Fässern reifen, die aus Holz, Glas oder Edelstahl bestehen. Während Fässer aus Glas oder Edelstahl keine Aromen abgeben, zieht sich die Spirituose bei der Reifung im Holzfass Aromen und eventuelle Flüssigkeitsreste aus dem Holz. Gleichzeitig verdunsten etwa 2 % vom Alkohol pro Jahr. Außerdem kommt der Alkohol im Fass in Berührung mit Luftsauerstoff. Dieser löst verschiedene chemische Reaktionen aus, wodurch sich neue Aromastoffe bilden, die sich nach und nach mit dem Alkohol verbinden.

Ein klassisches Beispiel für die Flaschenreifung ist Rotwein. Er darf (oder muss) in der Flasche nachreifen, bevor er verkauft wird. Wein reift nach, bis er getrunken wird. Der beste Zeitpunkt, Wein zu genießen, ist, wenn er die Trinkreife erreicht hat. Danach reift er nicht mehr, sondern altert: Ab dem Zeitpunkt verändert er sich nach und nach in eine eher negative Geschmacksrichtung.

Während der Flaschenreifung oxidiert der Rotwein, da auch hier minimale Sauerstoffmengen, die sich in der Flasche befinden oder durch den Korken eintreten, mit dem Rotwein reagieren. Wie bei der Fassreifung sorgt die Oxidation für eine Veränderung des Aromas und der Wein wird weicher.


Reifung von Fleisch & Wurst

Neben der Qualität der Wurst bzw. vom Fleisch und guten Mikroorganismen ist auch die Reifung bei Fleisch und Wurst unerlässlich, da sich dadurch –wie bei Käse, Spirituosen und Wein – neue Aromen bilden. Außerdem lockern sich beim Fleisch während des Reifens die Fasern wieder aus der Totenstarre; nur durch das Reifen kann Fleisch überhaupt zart werden.

Reifung von Fleisch

Fleisch reift entweder nass oder trocken. Die Nassreifung gibt es erst seit den 1970er Jahren, als das Vakuumieren erfunden wurde. In der kurzen Zeit hat es sich aber als praktisches Standardverfahren durchgesetzt.

Für die Nassreifung wird das Fleisch in einen Plastikbeutel gesteckt, vakuumiert und dann durchschnittlich zehn Tage, manchmal aber auch bis zu sechs Wochen lang gewartet. Im Laufe dieser Zeit spalten Milchsäurebakterien Proteine und Fette, wodurch das Fleisch zart wird.

Der Vorteil der Nassreifung ist, dass austretende Flüssigkeiten wie Wasser und Blut nicht verdunsten können. So verliert das Fleisch während der Reifung kaum an Gewicht und ist danach sehr saftig. Das macht nassgereiftes Fleisch perfekt für Schmorgerichte. Für Steaks oder ähnliches ist nassgereiftes Fleisch aber eher keine gute Wahl, da es in der Pfanne sehr an Volumen verliert. Außerdem schmeckt das Fleisch eher leicht säuerlich bis metallisch und nicht sehr intensiv.

Im Gegensatz zur Nassreifung wird das Prinzip der Trockenreifung seit Jahrhunderten angewendet, wurde in den letzten Jahrzehnten aber durch die Nassreifung stark verdrängt. Bekannter ist die Trockenreifung unter den Begriffen Abhängen oder dry aged.

Für die Trockenreifung werden Schlachtkörperhälften oder Teilstücke am Knocken in trockenen Räumen bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt aufgehängt und stets streng überwacht, damit nichts verdirbt. Während der drei bis acht Wochen Reifezeit wirken statt Milchsäurebakterien Enzyme auf das Fleisch ein. Die Enzyme zerlegen geschmacksneutrale, komplexe Molekülketten in kleinere und einfache Molekülketten, die dem Fleisch ein sehr konzentriertes, intensives, nussiges Aroma verleihen.

Ein Steak wird erst durch diese Aromabildung richtig gut und behält auch nur dann seine Größe in der Pfanne, wenn es trocken gereift ist. Das Fleisch verliert bei der Trockenreifung nämlich schon während des Abhängens jede Menge Wasser: Bis zu 30 % kann es an Gewicht verlieren! Das macht das trockengereifte Fleisch ziemlich teuer, aber auch wesentlich geschmacksintensiver.

Reifung von Wurst

Auch bei der Reifung von Wurst unterscheidet man zwischen zwei Methoden: eine altbewährte und eine eher moderne.

Bei der Schnellreifung arbeitet man mit Vielfachzucker, sogenanntem Glucono Delta Lacton. Dadurch steht den Mikrokulturen sehr viel Nahrung zur Verfügung und die Wurst kann innerhalb weniger Tage reifen. So kann innerhalb kurzer Zeit viel Wurst produziert werden – in Supermärkten wird zum größten Teil schnellgereifte Wurst angeboten. Der Vorteil der schnellen Reifung steht allerdings einigen Nachteilen gegenüber: Die Wurst schmeckt leicht säuerlich und kann keine guten Aromen ausbilden. Außerdem ist die Wurst weniger zart und qualitativ eher minderwertig.

Bei der Naturreifung gilt viel mehr das Motto Gut Ding will Weile haben. Hierbei handelt es sich um eine Reifungsmethode, die – wie beim Käse – ganz stark auf handwerklichem Fachwissen beruht und in industriellem Maß kaum umgesetzt werden kann: Es muss ein perfektes Zusammenspiel aus Temperatur, Zeit, Luftfeuchtigkeit, Luftströmung, Rauch- und Frischluftzufuhr sowie der Aktivität der Starterkulturen zustande kommen, damit ein hochwertiges Produkt ohne Fehler entsteht. Dafür braucht es qualifiziertes Fachpersonal und bestenfalls moderne Lehmkammern.

Die Naturreifung dauert in der Regel etwa zwei Monate, aber auch bis zu ein Jahr ist möglich! Da außerdem ein höherer Gewichtsverlust bei der Rohwurst auftritt als bei der Schnellreifung ist das Endprodukt teurer – es lohnt sich aber. Die längere Reifung führt auch hier wieder zu neuen, besseren Aromen, denn nur durch natürliche Reifen kann sich der einzigartige Geschmack der Wurst erst richtig entfalten.

Dün-Fleisch im Portrait

Auch Dün-Fleisch im Eichsfeld verzichtet bewusst auf Reifebeschleuniger, Geschmacksverstärker, sowie künstliche Farbstoffe und Aromen. Stattdessen setzt das Unternehmen auf Naturreifung in der Lehmkammer, hochwertige Rohgewürze und familienüberlieferte Rezepte.

Zeitloser Geschmack vom Dün
Zwei Fleischer stellen Wurst her

Reifung von Brotteig

Eine Erfindung im 19. Jahrhundert veränderte die Brotherstellung grundlegend: die Hefe. Erst durch Hefe wurde die industrielle Massenproduktion von Brot möglich. Nun wurde Brotteig für Maschinen optimiert – Aromen und Wissen rund um das Reifen von Teig blieben dabei aber auf der Strecke.

Heutzutage wird das Sortiment beim Bäcker stets größer und gleichzeitig müssen immer größere Mengen produziert werden. Das setzt nicht nur die Industrie, sondern gerade die kleinen Bäckereien, denen noch dazu das Fachpersonal fehlt, unter Druck. Die Rezepte müssen so schnell wie möglich umsetzbar sein und werden deshalb zunehmend standardisiert – oder es werden direkt fertige Teiglinge oder zumindest Fertigmischungen angeliefert. Ein komplett selbstgemachtes Brot mit langer Reife sucht man beim Bäcker um die Ecke mittlerweile fast vergeblich. Dabei sorgt die Reifung auch bei Teig für mehr Aromen. Außerdem bleibt ein lang gereiftes Brot länger frisch und ist wesentlich verträglicher: Gerade für Menschen mit einem empfindlichen Magen oder Darm ist lang gereiftes Brot die beste Wahl. Bereits nach einer Reifezeit von 4,5 Stunden sinkt der Anteil von eher schlecht verträglichen Stoffen im Brot (sogenannten FODMAPs) um bis zu 90 %!

Ein gutes Brot hat, wenn es frisch aus dem Ofen kommt, bestenfalls zwei Reifephasen hinter sich: die Stockgare und die Stückgare. Bei der Stockgare reift der ungeformte, geknetete Teig, um die Hefekulturen zu vermehren. Die Hefe zersetzt einen Teil der Stärke, die im Mehl enthalten ist. Dabei entsteht Kohlendioxid. Das lässt den Teig aufgehen und macht ihn locker und luftig. Reift die Stockgare zu kurz oder enthält weder Hefe noch Sauerteig, wird aus dem Brot nach dem Backen ein steinharter, flacher Fladen.

Die Stückgare bezeichnet die letzte Reifung, wenn der Teig schon zum Laib geformt ist und nur noch gebacken werden braucht. Als Faustregel gilt: Ist die Stückgare lang, reicht eine kurze Stockgare – und umgekehrt.

Die idealen Reifetemperaturen liegen zwischen 20 und 28° C. Die Stückgare kann auch etwas wärmer stehen, allerdings sollte die Temperatur nie über 40° C steigen – dann sterben die Hefekulturen.

Beinhaltet ein Brotteig viel Hefe, reift er schneller und enthält so weniger Aromen und ist weniger bekömmlich. Deshalb empfiehlt es sich, mit Sauerteig zu backen. Er enthält weniger aktive Hefekulturen und braucht deshalb eine lange Stockgare – die das Brot bekömmlicher und aromatischer macht.

Eigenen Sauerteig ansetzen

Verrühre 25 g Roggen(vollkorn)mehl mit 30 g Wasser in einem Glas. Nimm dafür am besten ein Weckglas, da der Teig etwas Luft zum Atmen braucht. Ansonsten kannst Du auch ein ganz normales Schraubglas benutzen – drehe den Deckel dann aber nicht richtig zu, sondern lege ihn nur locker auf. Jetzt rührst Du vier Tage lang jeden Tag jeweils die gleiche Menge Mehl und Wasser unter. Fertig ist Dein Sauerteig! Er kann jetzt direkt in den Teig für Dein erstes eigenes Sauerteigbrot wandern. Nimm davor aber unbedingt 25 g vom Sauerteig ab und gib ihn in ein kleines Glas, das Du anschließend in den Kühlschrank stellst. Dort hält sich das Anstellgut bis zu zwei Wochen. Mit etwa 50 g Mehl und 60 g Wasser weckst Du ihn ganz einfach für den nächsten Teig auf. Vergiss nicht, jedes Mal beim Ansetzen vom Teig wieder 25 g Sauerteig beiseite zu stellen!

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