Von der Weinlese im Weinberg …
Das erste Hindernis auf dem Weg zu einer richtig guten Flasche Wein ist die Bestimmung von dem Zeitpunkt, an dem die Trauben ihre richtige Reife erreicht haben. Erfahrene Winzer können dies oft schmecken: Entscheidend ist, dass ein perfekt ausbalancierter, harmonischer Zucker- und Säuregehalt erreicht werden soll. Dazu wird ab dem Spätsommer zum Beispiel regelmäßig probiert und das Mostgewicht der einzelnen Weinbeeren gemessen. Das Mostgewicht resultiert aus dem Zuckergehalt: Je höher das Mostgewicht ist, desto höher ist die Qualität der Weinbeeren. Gleichzeitig muss aber auch der Säuregehalt bestimmt werden, denn dieser ändert sich unabhängig vom Zuckergehalt.
In Trauben kommen zwei verschiedene Säuren vor: Apfel- und Weinsäure. Während die Weinsäure weich und angenehm schmeckt, ist die Apfelsäure eine bissige, aggressive Säure, die nicht gerade zuträglich für einen guten Geschmack ist. Das Gute ist, dass die Apfelsäure nach und nach abnimmt, während der Wein zu reifen beginnt. Der Rebstock „veratmet“ die Apfelsäure bei Temperaturen zwischen 20 und 30° C und wandelt sie in Zucker um. Nicht nur deshalb hat die Witterung Jahr für Jahr einen immensen Einfluss auf den Anbau von Wein: Ist der Sommer warm und trocken, veratmet der Rebstock die Apfelsäure schneller. Ist das Jahr kühl, veratmet er sie langsamer. Da die Ernte erst erfolgen kann, sobald ein optimales Säure-Zucker-Verhältnis in den Weinbeeren herrscht, ändert sich der Start der Weinlese jedes Jahr. Fakt ist aber, dass die Weinlese durch die Klimakrise immer früher beginnt: Seit den 60er Jahren hat sich die Lese in Frankreich pro Jahrzehnt um durchschnittlich 4,4 Tage nach vorn verschoben.
Weinsäure wird erst bei höheren Temperaturen abgebaut, weshalb in den Trauben immer mehr Wein- als Apfelsäure zu finden ist.
Am liebsten mag Wein mildes Wetter während der Blüte und einen warmen, langen Herbst ohne Extremwetter wie Starkregen oder Hagel. Gerade im Herbst können Winzer Schlechtwetterfronten wirklich nicht gebrauchen. Bestenfalls können verschiedene Rebsorten nacheinander unter der Beachtung ihres jeweiligen Reifegrads und des Mikroklimas gepflückt werden.
Neben der Witterung spielen aber auch die Lage und der Boden des Weinbergs sowie das Können des Winzers eine entscheidende Rolle für die Qualität des Weins. Außerdem kann die sogenannte Grünlese dabei helfen, die Qualität der Weinbeeren zu erhöhen: Indem die Trauben im noch unreifen Zustand ausgedünnt werden, verringert sich zwar auch der Ertrag, dafür können die restlichen Beeren aber umso besser reifen und man vermeidet die Produktion von ausdruckslosem Massenwein. Allerdings darf man es mit der Grünlese auch nicht übertreiben, da der Wein sonst zu schwer und intensiv werden kann.
Bei Wein gilt stets: Qualität über Quantität. Deshalb gibt es auch Ertrags-Obergrenzen für hochwertigen Wein.
Im August werden die noch nicht ganz reifen Trauben für den ersten Wein des Jahres gelesen. Der Federmost wird noch während der Gärung abgefüllt und gärt dadurch in der Flasche weiter. Die eigentliche Lese beginnt Mitte bis Ende September und kann bis zum November dauern. In kleinen Familienbetrieben kommen dann alle Angehörigen und Freunde zusammen, um die Trauben zeitnah in den Weinkeller zu bringen. Geerntet wird dort oft noch von Hand: Die reifen Trauben werden mit Stielen und Stängeln abgeschnitten und unreife Trauben aussortiert oder für eine zweite Lese hängen gelassen.

Große Betriebe sind in dieser Zeit hingegen auf Saisonarbeitskräfte oder Maschinen angewiesen, denn sofern die Lage und Neigung vom Weinberg das zulassen, wird Wein mittlerweile oft maschinell geerntet. Die großen Vollernter „rütteln“ dabei die einzelnen Beeren vom Rebstock und erledigen in kurzer Zeit die Arbeit von 24 Erntehelfern. Damit das funktioniert, müssen die Rebstöcke an den Vollernter angepasst werden und an Drahtrahmen wachsen. Einzelne Pfähle oder Buschreben sind ungeeignet. Außerdem arbeitet ein Vollernter weniger sorgfältig als Arbeitskräfte und kann die Qualität des Weins mindern: Unreife Trauben werden mitgeerntet oder reife Trauben beschädigt. Laub, das von dem Gebläse der Maschine nicht entfernt wird, muss später manuell entfernt werden. Und da die Beeren einzeln von den Stielen und Stängel geschüttelt werden, fehlen Geschmacksträger für die Herstellung von Rotwein.
Trauben für Eisweine werden erst nach den ersten starken Frösten im Winter gelesen. Allerdings können die empfindlichen Trauben bis dahin schon verschimmelt sein. Das macht die Herstellung von Eiswein auch so riskant. Darüber hinaus ist das Ernten der eisigen Trauben bei Minusgraden nicht gerade ein Kinderspiel.
… zur Weinherstellung ins Weingut
So schnell und unversehrt wie möglich kommen die Trauben aus dem Weinberg im Weingut an. Die nächsten Schritte finden alle im Keller des Weinguts statt, weshalb die Weinherstellung auch Kellerwirtschaft genannt wird.
Sollen besonders hochwertige Weine hergestellt werden, werden die Weinbeeren (noch einmal) sortiert. Für Weißwein trennt man nun die Beeren von den Stielen und Stängeln (falls sie per Hand gelesen wurden). Bei der Herstellung von Rotwein werden hingegen alle Teile genutzt und teils mitvergoren, um für Frische und geschmackliche Tiefe zu sorgen. Anschließend werden die Trauben gekeltert. Früher erledigte man dies barfuß, heute greift man stattdessen zur Presse. Je schonender die Trauben gekeltert (also gepresst) werden, desto geringer ist der Ertrag, aber umso besser die Qualität.
Durch das Keltern entsteht die sogenannte Maische: ein Mix aus Fruchtfleisch, Saft, Beerenhäuten und ggf. festen Bestandteilen wie Stielen. Während Weißwein-Maische nur wenige Stunden stehen bleibt, können es bei Rotwein mehrere Wochen sein. In dieser Zeit werden Schalen und Stiele, die bittere und deshalb in Weißwein unerwünschte Tannine enthalten, als Trester immer wieder an die Oberfläche vom Most getrieben und müssen von dort vom Kellermeister wieder unter den Most gedrückt oder der Most über den Trester gepumpt werden.
Lässt man die Weißwein-Maische – wie Rotwein-Maische – länger stehen, ergibt dies Orange Wine. Rosé besteht übrigens aus roten Trauben, die wie Weißwein nur kurz stehen bleiben und dann gepresst werden.
Nach der Maischestandzeit wird der junge Wein in einer Presse vom Trester getrennt und in Behälter zur Gärung eingeleitet. Nun sind die Hefen an der Reihe: Sie wandeln den in den Beeren enthaltenen Zucker in Alkohol und Kohlenstoffdioxid um. Die Hefen werden mittlerweile in der Regel zugesetzt, es gibt aber auch Weine, die nur mithilfe natürlich vorhandener Hefen von der Schale der Trauben und der Weinkeller-Umgebung gären. Die Gärung dauert üblicherweise eine Woche, kann aber auch bis zu drei Wochen in Anspruch nehmen. Wandeln die Hefen in dieser Zeit den Zucker vollständig in Alkohol um, entsteht trockener Wein. Wird die Gärung durch das Kühlen vom Wein gestoppt, bleibt ein gewisser Anteil Restzucker enthalten. Je nachdem, wie hoch dieser Anteil ist, handelt es sich beim Wein um süßen, lieblichen oder halbtrockenen Wein.
Um Rotwein mehr Fülle zu verleihen, wird in einer zweiten Gärung mithilfe von Milchsäurebakterien noch mehr von der bissigen Apfelsäure in Zucker umgewandelt. Weißweinen verleiht die Apfelsäure hingegen ihre spritzige Frische.
Nach der Gärung werden Heferückstände sowie Trübstoffe entfernt. Dann ist es Zeit für den Ausbau des Weins. In Stahltanks oder Holzfässern darf der Wein nun mehrere Monate lang ruhen. Während Stahltanks das Aroma nicht beeinflussen und vor zu viel Sauerstoff-Einfuhr schützen, können Holzfässer holzige, rauchige oder auch vanillige Noten abgeben und den Wein durch Sauerstoff-Einfuhr samtiger machen. Allerdings sind Holzfässer teuer und nicht so lange haltbar, während Stahltanks günstig, platzsparend und temperaturgesteuert sind.

Nach dem Reifen werden die meisten Weine nachbehandelt. Die Stichworte hierfür sind Schwefeln, Schönen, Filtrieren.
Das Schwefeln schützt den Wein vor einer Nachgärung, schneller Alterung und Oxidation. Deshalb wird Schwefel Weinen oft auch schon vor der Gärung zugesetzt.
Um Wein von Schwebe- oder eintrübenden Teilchen zu befreien, werden Schönungsmittel wie Eiweiß, Gelatine oder Tonerde eingesetzt. Diese binden die Teilchen in Form von sich absetzenden Flocken und verhindern ein späteres Eintrüben des Weins.
Bleiben nach der Schönung noch letzte Teilchen im Wein erhalten, werden diese durch die Filtrierung entfernt. Allerdings sorgen sowohl die Filtrierung als auch Schönung dafür, dass viele Aromen verloren gehen. Winzer, denen eine hohe Qualität am Herzen liegt, verzichten deshalb immer öfter darauf.
Bei Natuwein wird vollständig auf die Nachbehandlung verzichtet. Außerdem werden Naturwein keine Hefen zugesetzt; die Gärung läuft allein mithilfe der natürlich vorhandenen wilden Hefen ab.
Zu guter Letzt wird der Wein in Flaschen abgefüllt. Für besonders hochwertige Weine beginnt nun die Zeit der Flaschenreifung, wofür atmungsaktive Korken nötig sind. Viele Weine sind allerdings zum sofortigen Genuss gemacht und sollten nicht länger als zwei Jahre gelagert werden.