Die Brunnenkresse wächst nicht einfach irgendwo, sie mag es kompliziert: Sie liebt stetig fließendes, sehr sauberes und nährstoffreiches Wasser sowie eine gleichbleibende Temperatur um 12° C. Was sie hingegen gar nicht mag, ist zu viel Sonne und Unkraut. Wild wächst sie daher gern in oder direkt an schattigen, klaren, flachen Gewässern mit leichter Strömung. Erkennen kannst Du Brunnenkresse an ihren dunkelgrünen, runden, fleischigen Blättern und weißen Blüten, allerdings ist sie leicht mit dem (ebenfalls essbaren, aber bitteren) Schaumkraut verwechselbar.
Regionales Superfood
Brunnenkresse schmeckt pfeffrig-scharf – ein wenig wie Radieschen, Gartenkresse oder Senf. Verantwortlich für den Geschmack sind Senfölglycoside, mit denen sich Brunnenkresse vor Viren, Bakterien und Pilzen schützt. Allerdings können sie bei uns Blasen-, Nieren und Magenreizungen hervorrufen, wenn Du Brunnenkresse in großen Mengen genießt. Empfohlen wird daher, nicht mehr als 60 g Brunnenkresse am Tag zu essen. Dennoch ist Brunnenkresse sehr gesund: Bei nur 20 kcal pro 100 g enthält sie viele Vitamine, Mineral- und sekundäre Pflanzenstoffe – allen voran jede Menge Vitamin C, Beta-Carotin, Eisen und Zink. Laut einer Studie aus dem Jahr 2014 hat Brunnenkresse sogar die höchste Nährstoffdichte aller Gemüsesorten und wurde deshalb zum gesündesten Gemüse der Welt ausgerufen. Ebenfalls ganz weit vorne dabei sind Chinakohl, Mangold, Rote Bete und Spinat.
Je kälter und nährstoffarmer das Wasser ist, desto langsamer wächst Brunnenkresse und desto mehr scharfe Senfölglycoside lagert sie ein. Auch nach der Blüte im Frühling schmeckt Brunnenkresse wesentlich schärfer und die Blätter schmecken nicht mehr so zart.
Geerntet wird die etwa 10 bis 30 cm hohe, mehrjährige Pflanze in allen Monaten, die ein r im Namen haben – also von September bis April. So bringt die Brunnenkresse im tristen Winter jede Menge gesunde Inhaltsstoffe auf den Teller! Um die gesunden Vorteile der Brunnenkresse auskosten zu können, solltest Du sie auf jeden Fall roh essen und weder erhitzen noch einfrieren oder trocknen. Genieße sie am besten erntefrisch oder bewahre sie in ein feuchtes Tuch gewickelt so kurz wie möglich im Gemüsefach vom Kühlschrank auf. Brunnenkresse schmeckt zum Beispiel in Smoothies, Salaten, Suppen und Pesto.
Erfurt: Deutschlands ehemalige Kressehauptstadt
Schon in der Antike wurde die wild wachsende Brunnenkresse geschätzt und im Mittelalter galt sie wegen ihres hohen Vitamin-C-Gehalts als Heilmittel gegen Skorbut, doch heute ist das Gemüse hierzulande fast in Vergessenheit geraten. Der Anbau im eigenen Garten ist ohne natürliches Fließgewässer ziemlich kompliziert, doch mit viel Glück kannst Du noch ein Bund von einem der wenigen deutschen Brunnenkressebauer auf dem Wochenmarkt ergattern.
Seit 400 Jahren wird in Erfurt Brunnenkresse angebaut. Die Auenlandschaft zwischen Erfurt und Hochheim eignet sich durch drei warme Quellen und regelmäßige Überflutungen als perfekter Standort für das wasserliebende Gemüse. Dieses Potenzial erkannte auch Christian Reichert: Der Begründer des modernen Gartenbaus staute ab 1740 die Bachläufe zu künstlichen Wassergräben, sogenannten Klingen, in denen Brunnenkresse ertragreich kultiviert werden konnte. Zwischen den Klingen wurden Dämme aufgetragen, die zusätzlichen Platz für den Anbau verschiedener Gemüsesorten bot. Es dauerte nicht lange, bis Brunnenkresse als eine echte Erfurter Spezialität bekannt wurde und Erfurt den Ruf als Kressehauptstadt verliehen bekam. Auf einer Geschäftsreise soll sogar Napoleon Brunnenkresse probiert haben und davon so begeistert gewesen sein, dass er sofort zwei Erfurter Brunnenkressebauer nach Frankreich holte, die dann in der Nähe von Versailles Brunnenkresse kultivierten. Bis heute wächst dort Brunnenkresse.