Vor Tausenden von Jahren war Wurzelgemüse weder dick noch farbig. Erst im Mittelalter begann man, das Gemüse gezielt zu züchten, um die Wurzeln dicker und nährstoffreicher zu machen. Die oft knalligen Farben bekamen die Wurzeln noch wesentlich später – erst im 20. Jahrhundert!
Wird Wurzelgemüse im Herbst geerntet, lässt sich vieles davon gut über den Winter lagern, wenn es kühl, trocken und ungewaschen gelagert wird. Ist das Gemüse nicht lagerfähig, sollte es feucht und so kurz wie möglich – zum Beispiel in ein feuchtes Tuch gehüllt – im Gemüsefach des Kühlschranks lagern. Blattgrün wird davor am besten entfernt, da es die Wurzeln, Rüben und Knollen sonst austrocknet. Beim Kauf sollte es möglichst frisch und schön grün aussehen. Dann kann es auch ohne Probleme im Salat, in der Pfanne oder als Zutat im Pesto landen.
Das meiste Wurzelgemüse kannst Du roh essen. Möchtest Du es kochen, achte darauf, dass es gerade gar ist und noch nicht zerfällt. In der Regel wird Wurzelgemüse vor dem Verarbeiten bzw. Essen geschält und Wurzelspitzen und Blattgrün entfernt. Gerade bei jungen Möhren kannst Du auf das Schälen aber verzichten.
Wurzelgemüse im Überblick
Möhre | der Klassiker
Die Möhre ist eines der beliebtesten und ältesten Wurzelgemüse. Obwohl die wilde Urform der Möhre weiß und sehr bitter war, wurde sie schon in der Steinzeit gegessen. Heutzutage gibt es die Möhre in verschiedensten Formen und Farben und gilt neben Äpfeln und Tomaten als eine unserer wichtigsten Nutzpflanzen. Jährlich essen wir in Deutschland pro Person etwa sechs Kilo Möhren! Das ist auch gut so, denn Möhren enthalten viele Nähr- und Ballaststoffe – darunter auch Beta-Carotin, das im Körper zu Vitamin A umgewandelt wird. Allerdings ist Beta-Carotin nur in Fett löslich, weshalb man immer etwas Öl bzw. Fett zu den Möhren zu sich nehmen sollte.
Tipps für die Küche
Frische Möhren erkennst Du daran, dass sie sich nicht biegen lassen, sondern schnell brechen. Kaufst Du Möhren als Bund mit Möhrengrün, entfernst Du das Grün zu Hause am besten direkt, damit es den Möhren keine Feuchtigkeit entziehen kann. Das Grün brauchst Du aber nicht entsorgen, sondern kannst es zum Beispiel zu Pesto verarbeiten.
Lagere Möhren nicht zusammen mit ethylenhaltigem Obst, da sie sonst bitter werden. Außerdem können Möhren durch „Stress“ bitter werden, wenn sie zum Beispiel fallen gelassen werden.
Möhren aus Thüringen gibt es von regionalen Unternehmen vor allem zusammen mit Erbsen: Erbsen & Möhrchen im Glas bieten Schweizer Naturkost und Thüringer Landgarten an, von Schneemann gibt es das Mischgemüse Thüringer Art tiefgefroren. Nabio hat aus Möhren eine Karottensuppe mit Orange gezaubert.
Bete | die Färbende
Die Bete stammt ursprünglich aus Nordafrika und wird seit der Antike angebaut. Damals gab es vor allem mild schmeckende, kaum färbende, weiße Bete. Ihre typische rote Farbe hat sie aber erst seit dem letzten Jahrhundert: Der Naturfarbstoff Betanin entstand durch eine Züchtung und wird heute auch besonders gern in der Lebensmittelindustrie zum Einfärben von Beerenjoghurt oder Erdbeereis benutzt. Übrigens kann etwa jeder fünfte Europäer Betanin nicht abbauen und scheidet den Farbstoff aus.
Im frischen und rohen Zustand schmeckt Bete leicht erdig. Durch das Kochen wird ihr Geschmack etwas milder. Außerdem ist sie ein wahres Kraftpaket: Sie enthält nicht nur sehr viele Mineralstoffe und Spurenelemente, sondern auch Antioxidantien und Folsäure. Außerdem ist sie reich an blutdrucksenkendem Nitrat, da die Bete Stickstoff aus der Erde aufnimmt, diesen in Nitrat umwandelt und in der Knolle speichert. Angeblich hilft Bete sogar gegen Kopfschmerzen und Erkältungen.
Tipps für die Küche
Je kleiner die Bete-Knollen sind, desto zarter schmecken sie. Kaufst Du die klassischen roten Exemplare, raten wir Dir, beim Verarbeiten zu Einmalhandschuhen und einer Unterlage, die sich nicht verfärben kann, zu greifen. Falls doch Flecken an Deine Hände kommen sollten, hilft Zitronensaft. Gibst Du Zitronensaft zur Bete dazu, macht es sie heller. Bei der Zugabe von Backpulver verfärbt sie sich hingegen dunkelviolett.
Möchtest Du die Bete kochen, solltest Du sie davor nicht schälen, da sonst viele Vitamine und Mineralstoffe verloren gehen. Schreckst Du die Knolle nach dem Kochen kalt ab, lässt sich die Schale mühelos abziehen. Übrigens lässt sich gekochte Bete auch hervorragend einfrieren. Und: Nicht nur die Knolle ist essbar, auch die Blätter der roten Bete können gegessen werden! Junge, frische Blätter eignen sich hervorragend als Salat. Alternativ können sie wie Mangold oder frischer Blattspinat zubereitet werden. Aber Achtung: Die Blätter sollten nicht von Menschen mit Gicht oder Rheuma gegessen werden, da sie viel Oxalsäure beinhalten.
Bete aus Thüringen: Neben den klassischen, süß-sauer eingelegten Rote-Bete-Scheiben von HAINICH, Ottos Auslese, Thüringer Landgarten oder Schweizer Naturkost ist auch leckere Rote Bete-Suppe mit Birne, Rote Bete-Curry sowie Rote Bete-Birne-Walnuss-Aufstrich von Nabio im Handel erhältlich.
Knollensellerie | der Heilende
Knollensellerie wird seit 3000 Jahren angebaut und galt bei ägyptischen Trauerzeremonien als unverzichtbare Beilage – vielleicht deshalb, weil er außerordentlich viele heilende Wirkungen haben soll: Knollensellerie gilt als schmerzlindernd, blutdrucksenkend und entwässernd. Außerdem sollen die ätherischen Öle das zentrale Nervensystem beruhigen.
Knollensellerie aus Thüringen: Knackig und regional verarbeitet bekommst Du Sellerie als Salat von Thüringer Landgarten und HAINICH. HAINICH bietet Sellerie auch in Scheiben an.
Rettich | der besonders Gesunde
Auch der Rettich wird schon seit Jahrtausenden angebaut. In der Antike war er sehr bekannt und beliebt und seit über 1000 Jahren wird er auch bei uns angebaut. Allerdings wurde der Rettich im Mittelalter schlagartig unbeliebt, da einige meinten, dass der Verzehr von Rettich zu Hass und Streit führen würde. Als dann im 17. Jahrhundert noch das feinere Radieschen aus dem Rettich gezüchtet wurde, war es mit seiner Beliebtheit ganz vorbei – und dass, obwohl Rettich zu den gesundheitlich wertvollsten Gemüsesorten überhaupt gehört! Er wirkt appetitanregend und verdauungsfördernd und gilt als altes Hausmittel gegen Husten.
Tipps für die Küche
Rettich gibt es heute vor allem in drei Farben: Der weiße und rote Rettich unterscheiden sich nur in der Farbe der Schale. Der schwarze Rettich hingegen (auch Winterrettich genannt) hat sehr festes Fleisch und lässt sich gut lagern. Die schwarze Schale sollte vor dem Verzehr entfernt werden. Rettich kann wie Radieschen frisch gegessen, aber auch gegart werden. Beim Garen gehen zwar einige der gesunden, scharfen Senföle verloren, dadurch wird er aber auch milder.
Radieschen | die Feine
Eines der ersten Gemüse, die man im Frühling im Beet oder auf dem Balkon aussäen kann, ist das Radieschen. In der Erde wächst es innerhalb kürzester Zeit von einem Samenkorn zu einer kleinen Knolle heran und verträgt dabei auch kältere Temperaturen.
Die fast Vergessenen
Topinambur
Der mit der Sonnenblume verwandte Topinambur mit seinen wunderschönen gelben Blüten wurde im Jahr 1610 von den Franzosen aus Amerika mit nach Europa gebracht, nachdem ihnen der Topinambur bei einer Hungersnot das Leben gerettet hatte. In den nächsten 200 Jahren war er der Star unserer heimischen Küche, bis er von der Kartoffel verdrängt und nur noch als Pferdefutter genutzt wurde. Ein Grund dafür dürfte sein, dass er nicht so ertragreich ist wie die Kartoffel. Dabei hat Topinambur zahlreiche Vorteile: Er kann auch roh gegessen werden, ist frostbeständig und enthält neben vielen Vitaminen und Mineralstoffen auch Inulin, was die Knolle perfekt für Diabetiker macht. Auch die gehobene Küche hat Topinambur in den letzten Jahren wieder für sich entdeckt. Im Supermarkt ist er aber weiterhin eine Rarität.
Schwarzwurzel
Der Winterspargel stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum und wird vor allem in Spanien geschätzt, während er bei uns kaum noch angebaut und gekauft wird, seit es „richtigen“ Spargel gibt. Die Schwarzwurzel schmeckt zwar wie Spargel, lässt sich aber wesentlich aufwändiger verarbeiten: Zuerst sollte man die Stangen gut bürsten und dann mit Einmalhandschuhen schälen, da dabei klebriger, dunkel färbender Saft austritt. Nach dem Schälen legst Du Schwarzwurzeln am besten direkt in Zitronenwasser, damit sie sich nicht verfärben. Noch dazu sollte man Schwarzwurzeln immer möglichst frisch verarbeiten und nur Wurzeln ohne Verletzungen an der Schale kaufen, da sie sonst austrocknen und bitter werden. Deshalb müssen Schwarzwurzeln auch aufwändig mit der Hand geerntet werden. Trotz allen Aufwands ist der „Spargel für Arme“ aber nicht zu unterschätzen: Die Schwarzwurzel ist nicht nur mit dem Löwenzahn, sondern auch mit Topinambur verwandt und enthält ebenfalls Inulin. Noch dazu ist sie sehr magenfreundlich. Angeblich soll die Schwarzwurzel übrigens auch bei Schwermut und Schlangenbissen helfen 😉
Inulin ist ein Ballaststoff. Er wandert unverdaut durch Magen und Dünndarm und kann erst im Dickdarm verwertet werden. So fördert Inulin eine gesunde Darmflora. Außerdem aktiviert es unsere Verdauung, kann dabei aber auch für Blähungen sorgen. Gerade für Diabetiker ist Inulin gut: Es hat kaum Kalorien, wirkt sättigend, schmeckt süßlich und sorgt außerdem noch für einen konstanten Blutzuckerspiegel.
Haferwurzel
Während die Schwarzwurzel vom Spargel abgelöst wurde, hat die Schwarzwurzel einst wiederum die Haferwurzel vom Speiseplan verdrängt: Heutzutage kennt die Haferwurzel kaum noch jemand, bis ins 18. Jahrhundert war sie aber sehr beliebt. Die Haferwurzel liefert zwar nicht so hohe Erträge wie die Schwarzwurzel, sie muss aber dafür nicht geschält werden. Außerdem erinnert ihr süßlicher Geschmack an Austern. Die Haferwurzel schmeckt roh, gedünstet und als Suppe oder Püree, aber auch gebraten und sogar frittiert.
Zuckerwurzel
Das, was die Haferwurzel ereilte, gilt auch für die Zuckerwurzel: Die süßlich-mehlige Wurzel wurde ebenfalls im 18. Jahrhundert verdrängt – wie bei so vielem anderen Wurzelgemüse auch war die Kartoffel, aber auch die Zuckerrübe schuld. Aus der Zuckerwurzel wurde damals nämlich unter anderem Sirup zum Süßen zubereitet.
Ursprünglich kommt die Zuckerwurzel aus dem Kaukasus, wodurch sie äußerst kälteresistent und winterhart ist. Die Zuckerwurzel ist eines der wenige Gemüse, von dem es keine einzige Züchtung bzw. Sorte gibt. Ihre Wachstumsform ist sehr interessant: Die Pflanze bildet eine große mehrjährige Wurzel aus, von der zahlreiche einjährige Wurzeln abgehen. Zur Ernte wird die gesamte Pflanze vorsichtig ausgegraben. Anschließend bricht man einige der einjährigen Wurzeln an Einschnürungen ab und gräbt die Pflanze wieder ein.
Pastinake | die Robuste
Schon in der Bronzezeit und auch bei den Germanen war sie beliebt: Die Pastinake, eine Kreuzung aus Möhre und Petersilienwurzel, ernährte bis ins 18. Jahrhundert etliche Generationen, galt als eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel und sollte sogar gegen Pest helfen (daher kommt auch einer ihrer Namen: Pestnacke) – bis die Kartoffel nach Europa kam. Seitdem geriet sie allmählich in Vergessenheit. Jetzt hat sie jedoch die Chance auf ein Comeback: Da sie winterhart, sehr robust und widerstandsfähig ist und auch ohne den Einsatz von Pestiziden gut wächst, wird sie gerade vom Öko-Landbau wiederentdeckt. Außerdem ist sie in Nordeuropa, England und den USA immer noch sehr beliebt.
Tipps für die Küche
Pastinaken schmecken sehr aromatisch und sind gut verdaulich, weshalb sie gern als Babynahrung eingesetzt werden. Darüber hinaus kannst Du sie einfach wie Möhren zubereiten und auch roh essen. Pastinaken schmecken sehr mild, sollten aber nicht zu lange gelagert oder zu dunkel angebraten werden, da sie sonst bitter schmecken.
Pastinaken aus Thüringen: Kartoffeln, Möhren und Sellerie treffen in der Wurzelgemüse-Suppe von Nabio auf cremige Pastinaken und Schnittlauch.
Petersilienwurzel | der Doppelgänger
Diese Unterart der Petersilie hat den gleichen kräftigen, würzigen Geschmack wie die Blattpetersilie. Sie darf deshalb in vielen Gemüsen- und Kartoffelsuppen nicht fehlen und ist oft ein Bestandteil von Suppengrün, kann aber auch roh gegessen werden.
Die Petersilienwurzel sieht der Pastinake zum Verwechseln ähnlich. Drei Merkmale können beim Unterscheiden helfen: der Blattansatz, das Kopfteil und der Geruch. Pastinaken haben einen eingesunkenen Blattansatz, ein dickes Kopfteil und riechen so ähnlich wie Möhren. Bei Petersilienwurzeln wölbt sich der Blattansatz nach oben heraus, ihr Kopfteil ist relativ schmal und sie duften nach Petersilie.
Speiserübe | die Saisonale
Eine der ältesten Kulturpflanzen und (wie die Pastinake) eines der wichtigsten Nahrungsmittel, bevor sie von der Kartoffel abgelöst wurde, ist die Speiserübe. Von der Speiserübe gibt es drei Sorten: Mairüben, Herbstrüben und Teltower Rübchen. Mairüben und Herbstrüben unterscheiden sich (abgesehen von der Zeit ihres Anbaus) kaum voneinander. Die Mairübe schmeckt relativ süß, während die Herbstrübe etwas größer ist und herber schmeckt. Sie können roh gegessen werden und halten sich nur etwa eine Woche lang.
Das Teltower Rübchen ist die feinste unter den Rüben. Schon Goethe, Kant und Fontane schätzten die kleine, gelb-weiße Rübe aus Brandenburg sehr. Auch wenn sie von ihrer Form her ein wenig an eine Pastinake erinnert, schmeckt sie doch ganz anders: Gleichzeitig scharf und süß werden Teltower Rübchen traditionell in Butter und Zucker karamellisiert und dann mit etwas Brühe gekocht, bis sie dunkel glänzen. Leider ist das originale Teltower Rübchen heute kaum noch erhältlich.
Steckrübe | das Notgemüse
Die Steckrübe galt schon im Mittelalter als das wichtigste Nahrungsmittel, geriet mit der Einführung der Kartoffel aber fast in Vergessenheit – bis sie im Zweiten Weltkrieg erneut zum Grundnahrungsmittel Nummer 1 wurde. Sie wurde nicht nur für Suppen und Eintöpfe gebraucht, sondern auch als Brotaufstrich oder Beilage und sogar als Kaffee-Ersatz. Der Grund für die Popularität der Steckrübe war vor allem, dass sie nahezu überall wachsen kann und sehr anspruchslos im Anbau ist. Außerdem lässt sie sich über Monate hinweg lagern und ist sehr ertragreich: Steckrüben können bis zu 2 Kilo schwer werden! Trotz ihrer Vielfältigkeit wird sie heute aber nicht mehr gern gegessen und hat gerade bei älteren Generationen einen schlechten Ruf.
Tipps für die Küche
Die klassische Steckrübe ist oft teils violett, teils grün-gelb gefärbt. Die violette Färbung entsteht durch die Sonne: Die Stellen, die beim Wachsen von der Sonne beschienen werden, verfärben sich lila. Wir raten Dir, sie großzügig zu schälen und lieber zu kleineren Exemplaren zu greifen, da die großen Rüben schnell holzig werden. Außerdem wird die Steckrübe immer gegart gegessen. Sie schmeckt ein wenig wie Kohl, entspannt und beruhigt aber den Magen und Darm. Ein Spritzer Zitronensaft und eine Prise Zucker im Kochwasser machen ihr Aroma milder und zarter.