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Das Geheimnis der Fässer

Wie der Geschmack in den Whisky kommt

Frisch aus der Brennblase kommt ein klares, farbloses Destillat. Dieser new make schmeckt manchmal schon leicht fruchtig, ölig oder rauchig, aber vor allem metallisch, scharf und unangenehm. Kurz: Rohwhisky ist nichts, was man freiwillig trinken würde. Mit bis zu 85 Prozent Alkohol kommt das Destillat aus der Brennblase. Und doch steckt darin das Potenzial für einen großartigen Whisky. Der Weg, der zwischen dem klaren Destillat und dem ersten Schluck aus dem Glas liegt, ist eine Geduldsprobe – und richtige Handwerkskunst.

Von der klaren, scharfen Flüssigkeit aus der Brennblase bis zum ausgewogenen, vielschichtigen Tropfen im Glas vergehen Jahre, in denen das Holz arbeitet, der Whisky atmet, Aromen wandern und sich verwandeln. Es ist ein langsamer Prozess, der Geduld verlangt. Am Ende entsteht etwas, das mehr ist als die Summe seiner Teile: ein Whisky mit Charakter, Geschichte und einer einzigartigen Seele.

Brennerei-Charakter trifft auf Fass-Reifung

Der unverwechselbare Charakter eines Whiskys entsteht durch zwei große Faktoren: den Brennerei-Charakter und die Fass-Reifung. Zum Brennerei-Charakter gehört alles, was vor dem Fass passiert: Die Auswahl von Malz und Maische, die Qualität der Wasserquelle, der Hefestamm und sogar die Form der Brennblasen beeinflussen den späteren Geschmack des Whiskys. Bei der Whisky-Manufaktur Number Nine im Eichsfeld verleihen zum Beispiel verschiedene Gerstenmalzsorten und zwei unterschiedlich große Brennblasen dem Eichsfelder Whisky seine einzigartige Handschrift.

Die anschließende Fass-Reifung bringt Tiefe, Komplexität und Farbe ins Destillat. Mindestens drei Jahre muss ein Destillat in Fässern reifen, um überhaupt Whisky genannt werden zu dürfen. Wirklich gute Tropfen schlummern aber oft 15, 20 oder sogar 25 Jahre in ihren Holzfässern. In dieser Zeit passiert mehr, als man denkt.
Jüngere Whiskys tragen noch viel vom ursprünglichen Brennerei-Charakter in sich, während ältere Abfüllungen stärker vom Fass geprägt sind. Aber selbst nach Jahrzehnten im Fass bleibt eine Grundnote erhalten: Ein stark getorfter Rohwhisky schmeckt auch nach langer Reifung noch torfig. Das Fass kann die Aromen zwar verfeinern und abrunden, aber nicht komplett überschreiben.

Ein Nosing-Glas und eine Whisky-Flasche

Thüringer Whisky

Viele Whiskys stammen aus großen schottischen oder irischen Brennereien. Doch handgemachter, regionaler Whisky liegt voll im Trend. Wo in Thüringen Whisky produziert wird und welche Vorteile unser Klima bei der Reifung von Whisky hat, erfährst Du in diesem Beitrag 🥃

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Drei Schritte bis zum reifen Whisky

Im Fass laufen drei Reifeprozesse parallel ab oder gehen ineinander über. Zusammen formen diese den Geschmack des Whiskys. Besonders spannend: Kein einziger Reifeprozess läuft gleich ab, jedes Fass reift unterschiedlich.

In den ersten fünf bis acht Jahren geschieht vor allem die subtraktiven Reifung. In dieser Zeit verliert der Whisky seine unangenehmen, beißenden Noten. Das Destillat wird milder, die Schärfe geht zurück. Deshalb sind gute Whiskys in der Regel mindestens acht Jahre alt – vorher merkt man dem Destillat seine „rohen“ Noten noch deutlich an.

Parallel dazu beginnt die additive Reifung: Der Whisky saugt Vanille, Zucker und Aromastoffe aus dem Holz auf und gewinnt an Körper und Geschmack.

Während der interaktiven Reifung passiert die eigentliche Magie: Die Aromen des Holzes, das Malz und alle anderen Komponenten beginnen miteinander zu reagieren und verschmelzen. Chemische Prozesse zwischen Alkohol, Aromastoffen und den Resten des vorherigen Fassinhalts schaffen neue Geschmacksnoten. Im besten Fall entsteht ein perfekt ausgewogener Whisky mit vielschichtigem Aroma.

Eigentlich erhalten Whiskys ihre Farbe vom Fass. Doch auch qualitativ sehr guten Whiskys wird oft Zuckercouleur beigegeben, um die Farbe anzupassen und stets konstant zu halten. Diese Praxis ist mittlerweile fast zum Standard geworden, da Kunden erwarten, dass ihr Lieblingswhisky immer gleich aussieht.

Während dieser interaktiven Phase führen viele Brennereien das sogenannte Finishing durch: Der Whisky wird für ein paar Jahre in ein anderes Fass umgefüllt, um eine zusätzliche geschmackliche Dimension zu bekommen. Besonders beliebt dafür sind gebrauchte Sherry- oder Portweinfässer. Number Nine setzt zum Beispiel beim 9 Years Acolon Cask auf ein besonders spannendes Finishing: Sieben Jahre reift der Whisky in Ex-Bourbon-Fässern, dann wandert er für zwei weitere Jahre in Acolon-Fässer des Thüringer Weinguts Zahn. Das Ergebnis ist ein harmonischer, eleganter Whisky mit regionalem Charakter, der würzig und fruchtig schmeckt – inklusive einer kleinen Dosis Rauch.

Brennereien nutzen oft und gerne auch das Double Cask-Verfahren. In dem Fall reift der Whisky während des Finishings in zwei verschiedenen Fasstypen nach. Beim Triple Cask-Verfahren durchläuft der Whisky sogar drei verschiedene Fasstypen. Auch Number Nine hat einen Triple Cask Whisky in ihrem Sortiment: Er basiert auf drei Sorten Gerstenmalz und reift in Fässern aus amerikanischer Eiche, Ex-Bourbon und Ex-Bordeaux. Das Ergebnis ist rotgolden, malzig, fruchtig, würzig, kräftig-intensiv und leicht bitter.

Was lange reift, wird schließlich köstlich

Ohne die Reifung von Lebensmitteln hätte man vor der Erfindung des Kühlschranks Lebensmittel für den Winter kaum konservieren können. Der Prozess der Reifung gerät immer wieder in Vergessenheit, ist aber immens wichtig für viele Lebensmittel: Sie beeinflusst die Haltbarkeit von Lebensmitteln, macht manches erst genießbar und veredelt anderes durch die Bildung neuer Aromen.

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Europäische oder amerikanische Eiche?

Die allermeisten Whiskys reifen in Fässern aus 70 bis 200 Jahre alten Baumstämmen, entweder aus dem Holz der amerikanischen Weißeiche mit hohem Vanillingehalt oder von der europäischen Eiche, deren Holz bittere Tannine enthält. Das Holz anderer Baumarten gibt oft unangenehme Aromen ab oder enthält Harz, das die Atmung des Fasses verhindert. In den USA und Schottland dürfen sogar ausschließlich Eichenfässer verwendet werden, während man in anderen Ländern auch gerne mal mit Kastanie oder Ahorn experimentiert – oder mit Akazie, wie beim Acacia Cask von Number Nine.

Holzfässer aus europäischer Eiche geben übrigens länger Aromen an den Whisky ab als Fässer aus amerikanischer Eiche. Letztere sind aber besonders günstig zu bekommen, weil für die Bourbon-Reifung in den USA immer neue Fässer verwendet werden müssen. Deshalb reifen viele schottische Whiskys in gebrauchten Bourbonfässern.

Vor jeder neuen Befüllung werden Fässer getoastet: Mit einer großen Flamme wird das Innere ausgekohlt. Das „Toasten“ macht die Fässer keimfrei, frischt sie auf und verstärkt die Wechselwirkung mit der Spirituose. Die Holzkohleschicht filtert scharfe Aromen heraus, macht den Whisky weicher und gibt gleichzeitig Vanille- und Karamellnoten ab. Je stärker das Innere verkohlt wird, desto ausgeprägter sind die Geschmacksnoten, die von der Holzkohle in den Whisky übergehen.

Fässer können in der Regel 30 bis 40 Jahre für die Whisky-Reifung genutzt werden, allerdings lässt ihre Wirkung mit jedem Durchgang nach. Ein First Fill – die erste Befüllung mit Whisky nach der ursprünglichen Nutzung des Fasses – hat den stärksten Einfluss auf den Whisky. Bei Second oder Third Fill sind die Fässer bereits ausgelaugt, die Aromen des ursprünglich enthaltenen Alkohols werden feiner und subtiler. Nach drei, vier Reifungen sind dem Holz die meisten Aromastoffe entzogen und es wird ausrangiert.

Der Ex-Bourbon von Number Nine – eine exklusive Einzelfassabfüllung mit ausgewählten Spezialmalzen nach besonderer Rezeptur – zeigt, wie viel ein einzelnes, sorgfältig ausgewähltes First Fill-Fass bewirken kann. Der Whisky schmeckt zart nach hellen Früchten und Vanille und ist aromatisch-mild.

Das frühere Leben der Fässer

In Fässer schlummern jede Menge Aromen, die sie in ihrem „früheren Leben“ aus den vorherigen Inhalten aufgesogen haben und an den neuen Whisky weitergeben. War zuvor zum Beispiel Bourbon im Fass, bekommt der Whisky eine goldene Farbe und schmeckt nach sahnigen Karamellbonbons. Portwein sorgt für eine dunkelrote Farbe und schmeckt sehr vollmundig und fruchtig, teils auch süß und würzig. Weinfässer ergeben je nach Sorte helle oder rote Töne – Chardonnay-Fässer bringen zum Beispiel tropische Früchte und saure Zitrusnoten mit sich, Barolo vollmundige Frucht und bittere Eiche. Rum-Fässer geben goldene, bernsteinfarbene Töne und süße Aromen wie Vanille, Mandel und exotische Früchte. Cognac hinterlässt Noten von Vanille, Zedernholz und Muskat. Besonders beliebt (und vielfältig!) sind Sherryfässer: Je nach Sorte variiert die Farbe zwischen hell, rot, braun und bernsteinfarben, der Geschmack ist oft süß, trocken und fruchtig. Ein Klassiker ist Oloroso-Sherry, er schmeckt intensiv, fruchtig und nussig.

Auch Number Nine nutzt diese Vielfalt bewusst. Der Muscatel Cask – eine exklusive Einzelfassabfüllung – reift zunächst in einem sorgfältig ausgewählten Ex-Bourbon-Fass und dann fünf Jahre lang in einem Muscatel-Fass. Das Ergebnis ist eine außergewöhnliche Tiefe und Komplexität, fruchtige Eleganz und Weichheit. Beim Bordeaux Cask wiederum liegt der Whisky sieben Jahre im Bordeaux-Fass und entwickelt währenddessen würzige, fruchtige, kräftige und nussige Röstaromen. Der Acacia Cask reift zuerst sechs Jahre in Ex-Bourbon- und Bordeaux-Fässern, dann ein Jahr in Akazien-Fässern und schmeckt danach würzig, kräftig und vollmundig.

Besondere Fässer – zum Beispiel solche, die Portwein, Muscatel oder Acolon enthielten – werden oft nur für das Finishing genutzt. Sie sind einerseits nur begrenzt verfügbar und würden andererseits während einer jahrelangen Reifung zu dominante Aromen abgeben. Beim Finishing verleihen sie dem Whisky den letzten Schliff und sorgen für ganz besondere Aromen.

Die Größe macht den Unterschied

Auch die Größe des Fasses spielt bei der Reifung des Whiskys und der Entwicklung des Geschmacks eine Rolle. Es gibt sieben gängige Fassgrößen, die zwischen 60 und 500 Liter umfassen. Die Fassgröße hängt oft vom ursprünglichen Inhalt ab: In 200-Liter-Fässern war zuvor oft Bourbon enthalten, in 500-Liter-Fässern Sherry, in 225-Liter-Fässern Wein.

Je kleiner das Fass, desto höher ist das Verhältnis von Holz zu Whisky. Während in einem 250-Liter-Fass 75 Prozent der Fasswand mit dem Destillat in Berührung kommen, sind es bei einem 500-Liter-Fass nur 50 Prozent. Kleine Fässer werden deshalb besonders gern für das Finishing genutzt, um dem Whisky innerhalb kürzester Zeit viele Aromen mitzugeben. Auch neue Brennereien setzen am Anfang oft auf viele kleine Fässer, um möglichst schnell verkaufsfähigen Whisky zu haben. Es gibt dabei aber ein Risiko: Der Whisky entwickelt während der additiven Reifung in kurzer Zeit zwar viele Aromen, aber die subtraktive Reifung ist noch nicht weit fortgeschritten und die interaktive Reifung hat kaum eingesetzt. Das Ergebnis kann dann zwar intensiv schmecken, aber unreif und unausgeglichen wirken.

Das macht ein Destillateur

Ein Glas Nordhäuser Doppelkorn als Absacker oder ein Thüringer Gin mit Wacholder und Kräutern zum Feiern – wer gute Spirituosen schätzt, verdankt das einem Menschen, der mit feiner Nase, technischem Geschick und Geduld aus Rohstoffen echte Geschmackserlebnisse schafft: dem Destillateur. Denn aus hochwertigen Zutaten ein gleichbleibend gutes Produkt zu kreieren, ist echte Handwerkskunst.

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