Von der klaren, scharfen Flüssigkeit aus der Brennblase bis zum ausgewogenen, vielschichtigen Tropfen im Glas vergehen Jahre, in denen das Holz arbeitet, der Whisky atmet, Aromen wandern und sich verwandeln. Es ist ein langsamer Prozess, der Geduld verlangt. Am Ende entsteht etwas, das mehr ist als die Summe seiner Teile: ein Whisky mit Charakter, Geschichte und einer einzigartigen Seele.
Brennerei-Charakter trifft auf Fass-Reifung
Der unverwechselbare Charakter eines Whiskys entsteht durch zwei große Faktoren: den Brennerei-Charakter und die Fass-Reifung. Zum Brennerei-Charakter gehört alles, was vor dem Fass passiert: Die Auswahl von Malz und Maische, die Qualität der Wasserquelle, der Hefestamm und sogar die Form der Brennblasen beeinflussen den späteren Geschmack des Whiskys. Bei der Whisky-Manufaktur Number Nine im Eichsfeld verleihen zum Beispiel verschiedene Gerstenmalzsorten und zwei unterschiedlich große Brennblasen dem Eichsfelder Whisky seine einzigartige Handschrift.
Die anschließende Fass-Reifung bringt Tiefe, Komplexität und Farbe ins Destillat. Mindestens drei Jahre muss ein Destillat in Fässern reifen, um überhaupt Whisky genannt werden zu dürfen. Wirklich gute Tropfen schlummern aber oft 15, 20 oder sogar 25 Jahre in ihren Holzfässern. In dieser Zeit passiert mehr, als man denkt.
Jüngere Whiskys tragen noch viel vom ursprünglichen Brennerei-Charakter in sich, während ältere Abfüllungen stärker vom Fass geprägt sind. Aber selbst nach Jahrzehnten im Fass bleibt eine Grundnote erhalten: Ein stark getorfter Rohwhisky schmeckt auch nach langer Reifung noch torfig. Das Fass kann die Aromen zwar verfeinern und abrunden, aber nicht komplett überschreiben.
Drei Schritte bis zum reifen Whisky
Im Fass laufen drei Reifeprozesse parallel ab oder gehen ineinander über. Zusammen formen diese den Geschmack des Whiskys. Besonders spannend: Kein einziger Reifeprozess läuft gleich ab, jedes Fass reift unterschiedlich.
In den ersten fünf bis acht Jahren geschieht vor allem die subtraktiven Reifung. In dieser Zeit verliert der Whisky seine unangenehmen, beißenden Noten. Das Destillat wird milder, die Schärfe geht zurück. Deshalb sind gute Whiskys in der Regel mindestens acht Jahre alt – vorher merkt man dem Destillat seine „rohen“ Noten noch deutlich an.
Parallel dazu beginnt die additive Reifung: Der Whisky saugt Vanille, Zucker und Aromastoffe aus dem Holz auf und gewinnt an Körper und Geschmack.
Während der interaktiven Reifung passiert die eigentliche Magie: Die Aromen des Holzes, das Malz und alle anderen Komponenten beginnen miteinander zu reagieren und verschmelzen. Chemische Prozesse zwischen Alkohol, Aromastoffen und den Resten des vorherigen Fassinhalts schaffen neue Geschmacksnoten. Im besten Fall entsteht ein perfekt ausgewogener Whisky mit vielschichtigem Aroma.


Eigentlich erhalten Whiskys ihre Farbe vom Fass. Doch auch qualitativ sehr guten Whiskys wird oft Zuckercouleur beigegeben, um die Farbe anzupassen und stets konstant zu halten. Diese Praxis ist mittlerweile fast zum Standard geworden, da Kunden erwarten, dass ihr Lieblingswhisky immer gleich aussieht.
Während dieser interaktiven Phase führen viele Brennereien das sogenannte Finishing durch: Der Whisky wird für ein paar Jahre in ein anderes Fass umgefüllt, um eine zusätzliche geschmackliche Dimension zu bekommen. Besonders beliebt dafür sind gebrauchte Sherry- oder Portweinfässer. Number Nine setzt zum Beispiel beim 9 Years Acolon Cask auf ein besonders spannendes Finishing: Sieben Jahre reift der Whisky in Ex-Bourbon-Fässern, dann wandert er für zwei weitere Jahre in Acolon-Fässer des Thüringer Weinguts Zahn. Das Ergebnis ist ein harmonischer, eleganter Whisky mit regionalem Charakter, der würzig und fruchtig schmeckt – inklusive einer kleinen Dosis Rauch.
Brennereien nutzen oft und gerne auch das Double Cask-Verfahren. In dem Fall reift der Whisky während des Finishings in zwei verschiedenen Fasstypen nach. Beim Triple Cask-Verfahren durchläuft der Whisky sogar drei verschiedene Fasstypen. Auch Number Nine hat einen Triple Cask Whisky in ihrem Sortiment: Er basiert auf drei Sorten Gerstenmalz und reift in Fässern aus amerikanischer Eiche, Ex-Bourbon und Ex-Bordeaux. Das Ergebnis ist rotgolden, malzig, fruchtig, würzig, kräftig-intensiv und leicht bitter.







