Mehr als 500 bewegte Jahre
Mindestens seit dem Jahr 1507 wird in Nordhausen Korn destilliert. In diesem Jahr wurde in der Stadt eine Kornbrandsteuer eingeführt, da die Bierbrauer ihre Konkurrenz und höhere Getreidepreise fürchteten. Schon im Jahr 1545 gab es ein darauf basierendes Brennverbot für die Kornbrenner, das erst 1574 wieder aufgehoben wurde. Dann entwickelte sich das Brennereigewerbe aber schnell zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor für Nordhausen und nach dem 30-jährigen Krieg blühte es erst recht auf. Der Nordhäuser Korn wurde nun über Deutschland hinaus bekannt und angrenzende Staaten versuchten sogar, Nordhäuser Brennmeister abzuwerben. Die Zeiten, in denen Korn als ein Getränk der Armen galt, waren definitiv vorbei.
Zwischen 1726 und 1729 beschränkte die Stadt den Kreis der Personen, die Korn brennen durften und illegales Brennen wurde nun bestraft. Dies führte dazu, dass sich die Branche professionalisierte und kleine, unrentable Betriebe schließen mussten. Dennoch gab es zum Ende des 18. Jahrhunderts etwa 100 Brennereien in Nordhausen.
Auf den neuen Stadtgesetzen basierend wurde in Nordhausen im Jahr 1789 das erste Reinheitsgebot für die Herstellung von Kornbrand erlassen. Es schrieb vor, dass Korn zu mindestens zwei Teilen aus Roggen oder Korn und zu höchstens einem Teil aus Gerstenmalz bestehen darf. Die Fässer, die solchen hochwertigen Kornbrand enthielten, wurden nun auch mit einem Ratssiegel der Stadt versehen; außerdem fanden jeden zweiten Tag Brennereikontrollen statt. Da sich das Absatzgebiet und damit auch der Markt für Korn durch die Eisenbahn immens vergrößert hatte, wurde nämlich immer mehr minderwertiger Kornbrand unter dem Namen Nordhäuser verkauft.
Auf einen Blick:
Korn hat einen Alkoholgehalt von mindestens 32 % und wird mindestens zwei Mal destilliert.
Kornbrand hat einen Alkoholgehalt von mindestens 37,5 % und wird mindestens drei Mal destilliert.
Doppelkorn hat einen Alkoholgehalt von mindestens 38 % und wird ebenfalls mindestens drei Mal destilliert.
Bis heute darf Korn nur in Deutschland, Österreich und deutschsprachigen Teilen von Belgien produziert werden mit Getreide aus diesen Regionen.
Im Jahr 1839 gab es eine erste Kornkrise durch das Aufkommen der Kartoffelbrennerei. Während Nordhäuser Brennereien weiterhin auf Qualität setzten und so ihren hervorragenden Ruf beibehalten konnten – selbst Otto von Bismarck liebte Nordhäuser Korn –, mischten viele andere Brennereien nun den teuren Korn mit billigem Kartoffelsprit. Zu dieser Zeit wurde außerdem die Kornwürze erfunden, die Fremdgeschmäcker erfolgreich übertünchen konnte. Vermutlich waren auch diese Entwicklungen ein Grund dafür, dass das Nordhäuser Reinheitsgebot im Jahr 1909 auf ganz Deutschland ausgeweitet wurde.
Der Erste Weltkrieg bereitete dem Kornbrennen ein jähes, zum Glück aber nur vorübergehendes Ende. Neben einem Ausschankverbot für alkoholische Getränke kam es auch zu einer Rohstoffsperre und einem Verbot der Likörherstellung aufgrund der Zuckerknappheit. Außerdem wurden sämtliche Roggenvorräte und Apparaturen aus Kupfer, Messing und Bronze für die Rüstungsindustrie beschlagnahmt. All diese Maßnahmen führten dazu, dass in den 1920er Jahren nur noch drei der noch existierenden 30 Brennereien in Nordhausen aktiv produzierten.
Der Zweite Weltkrieg war ein noch größerer Einschnitt in die Branche: Bereits 1936 wurde ein erneutes Kornbrennverbot verhängt. Die Brennereien mussten nun technischen Alkohol produzieren. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren lediglich neun Brennereien nicht zerstört und selbst diese wenigen waren beschädigt worden.
Im Jahr 1948 wurde der Vorgänger der VEB Nordbrand Nordhausen gegründet. Der volkseigene Betrieb war der größte Spirituosenproduzent der DDR und in den 80er Jahren sogar die größte Kornbrennerei Europas, die die produzierten Spirituosen auch nach Westdeutschland exportierte.
Nach der Wende gründete sich Nordbrand Nordhausen und wurde bereits ein Jahr später ein Tochterunternehmen von Eckes, die wiederum 2006 von den Rotkäppchen-Mumm-Sektkellereien übernommen wurde. 10 Jahre später ist Nordbrand Nordhausen der größte Spirituosenproduzent Deutschlands und die größte private Kornbrennerei.