Vom Holzapfel …
Die Urform unseres heutigen Apfels war der asiatische Holzapfel. Diese Wildform ist nicht größer als eine Walnuss und schmeckt sehr sauer. Bereits in der Antike kam er über Handelsrouten zu den Griechen und Römern, die ihn kultivierten, züchteten, veredelten und unter anderem zu den Germanen brachten. Schon bald wurde der Apfel in großer Menge kultiviert. Trotzdem galt er lange Zeit als Luxusobjekt und somit nicht nur als Symbol für Liebe und Fruchtbarkeit, sondern auch für Reichtum. Nicht grundlos war eines der Insignien des Heiligen Römischen Reiches der Reichsapfel, der die Herrschaft über die ganze Welt verdeutlichen sollte.
Im Lauf der Jahrhunderte etablierte sich der Anbau von Apfelbäumen in Form von Streuobstwiesen. Die Apfelbäume hatten klassischerweise hohe Stämme und große Kronen, sodass darunter Tiere gehalten oder Ackerbau betrieben werden konnte. Die Pflege dieser hochstämmigen Apfelbäume war jedoch sehr arbeitsintensiv, sodass sich ab den 1960er Jahren immer stärker eine neue Anbauform durchsetzte. Heute haben die Apfelbäume kleine Kronen, die bereits in etwa 50 cm Höhe beginnen, und eine maximale Wuchshöhe von etwa drei Metern.
Diese Buschbäume haben gleich mehrere Vorteile: Auf der gleichen Fläche wie zuvor können nun 10 bis 20 Mal so viele Bäume wachsen, da diese durch Züchtungen nicht nur ertragreicher sind, sondern auch kleiner und kompakter wachsen. So können die Früchte viel leichter gepflückt werden. Tafeläpfel werden bis heute in der Regel von Hand gepflückt – die kleinen Bäume ersparen das anstrengende Hantieren mit Leitern. Außerdem erreicht die Äpfel durch den kompakten Wuchs mehr Sonne, wodurch der Geschmack wesentlich aromatischer wird.
Äpfel aus Thüringen 🍏
Der Anbau von Äpfeln hat in Thüringen eine lange Tradition: Über die Hälfte von allem angebauten Obst nehmen Äpfel ein, davon sind 77 % Tafeläpfel. Besonders viel Baumobst wird in den Landkreisen Gotha und Kyffhäuser angebaut. Innerhalb des bundesweiten Apfelanbaus liegt Thüringen mit 34.000 Tonnen geernteten Äpfeln immerhin auf Platz 8. Allerdings gehen sowohl die Betriebe, die Baumobst anbauen, als auch die Flächen dafür immer mehr zurück. Im Jahr 2017 gab es nur noch 27 Betriebe, die Äpfel angebaut haben.
… zum Tafelapfel
Weltweit gibt es mehr als 30.000 Apfelsorten. Viele davon sind mittlerweile jedoch in Vergessenheit geraten – nur etwa 4.500 der Sorten ist weltweit geläufig. Vor wenigen Jahrhunderten kannte man in Deutschland noch 2.300 Apfelsorten. Heute hat sich die Vielfalt stark reduziert; fast alle modernen Apfelsorten stammen von der Sorte Golden Delicious ab. Für den Verkauf werden nur noch 25 Sorten angebaut – und nur ein Viertel davon gilt als „Hauptsorte“. Unter den Äpfeln im Handel befinden sich auch einige sogenannte Clubsorten wie Pink Lady®: moderne, teure Apfelsorten, die Markennamen tragen und zentral kontrolliert werden.
Die Hälfte der Äpfel in unseren Supermärkten wird importiert. Von den in Deutschland produzierten Äpfeln kommt jeder dritte aus dem Alten Land südlich der Elbe bei Hamburg. Das Alte Land ist das größte zusammenhängende Obstanbaugebiet Nordeuropas. In Deutschland wird vor allem die Sorte Elstar angebaut: Jeder vierte Apfel ist ein Elstar.
Die verschiedenen Apfelsorten kann man in Tafel- und Mostäpfel unterteilen. Während Mostäpfel sehr sauer schmecken und verarbeitet werden, sind Tafeläpfel vor allem für den direkten Verzehr gedacht. Weisen sie Fehler auf, werden sie aber ebenfalls verarbeitet. Des Weiteren werden Äpfel in Früh- und Lageräpfel unterschieden. Während die im Sommer ab Juli gepflückten Frühäpfel einen hohen Wasseranteil haben und nur für wenige Wochen gelagert werden können, reifen die im Herbst bis November gepflückten Lageräpfel nach der Ernte noch nach. Sie sind bei guter Lagerung den ganzen Winter über haltbar und werden im Laufe der Lagerung nicht nur süßer, sondern auch aromatischer.
Früher wurde auf Apfelplantagen wegen des hohen Aufwands übrigens nur einmal im Jahr geerntet. Heute gibt es zwei bis vier Ernte-Durchgänge, bei denen oft nur die optimal reifen Äpfel geerntet werden. Sie können dann monatelang in gasdichten Kühllagern gelagert werden. Diese Kühllagerung verbraucht viel Energie. Dennoch haben regionale Äpfel einen deutlich besseren CO2-Fußabdruck als Äpfel, die aus Übersee importiert werden.

Äpfel richtig lagern
Auch Zuhause solltest Du Äpfel immer kühl lagern: 2 bis 5° C sind perfekt. Am besten lagerst Du sie außerdem so, dass sie getrennt von anderen Früchten und Gemüse im Kühlschrank liegen, da Äpfel Ethylen ausstoßen. Beim Kauf lohnt es sich, zu Äpfeln ohne Druckstellen zu greifen. Außerdem sollte die Schale unbeschädigt sein, falls Du die Äpfel einige Tage aufbewahren möchtest. Wasche die Äpfel am besten erst kurz vor dem Verzehr: Die natürliche Wachsschicht auf der Schale schützt die Äpfel vor dem Austrocknen und erhöht die Haltbarkeit.
Die Sehnsucht nach perfekten Äpfeln
Auch wenn die Ernte heutzutage dank kleinerer Bäume und technischen Hilfsmittel etwas einfacher ist als früher, so sollte der Anbau von Äpfeln dennoch nicht unterschätzt werden. Zunächst brauchen neue Apfelbäume fünf Jahre, bis sie den vollen Ertrag bringen. Dazu müssen die Bauern aber außerdem die richtigen Apfelsorten auswählen, die Bäume vor Schädlingen und Krankheiten schützen und natürlich die Äpfel ernten – die hohe Qualitätsmerkmale erfüllen müssen. Wir erwarten im Supermarkt oft perfekt aussehende Äpfel. Manchmal vergessen wir dabei, dass es sich dabei um eine am Baum wachsende Frucht handelt – und nicht um etwas, das industriell hergestellt wird. Tatsächlich wird aber bereits nach industriellen „Hilfsmitteln“ geforscht.
Seit dem Jahr 2015 gibt es in den USA und Kanada den Arctic® Apple. Dieser Apfel wurde gentechnisch so verändert, dass ein Enzym, das Oxidationsprozesse reguliert, abgeschaltet wurde. Durch das fehlende Enzym kann der Apfel sich nach dem Anschneiden nicht mehr braun verfärben, weshalb dieser Apfel in Supermärkten nun besonders gern als in Spalten geschnittener und in Tüten verpackter Snack angeboten wird.
Auch in Europa arbeiten Wissenschaftler an gentechnisch veränderten Äpfeln. Hier steht der Wunsch dahinter, beliebte Apfelsorten resistenter gegen Pflanzenkrankheiten zu machen: Gerade die Apfelsorten Jonagold und Gala sind hoch anfällig gegenüber Krankheiten. Resistenzgene aus Wildäpfeln könnten den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln deutlich verringern.
Vor allem Feuerbrand macht Apfelbäumen zu schaffen: Von Feuerbrand befallene Bäume müssen beschnitten, wenn nicht gar gefällt werden. Manchmal betrifft das sogar gesamte Plantagen! Pflanzenschutzmittel, die gegen Feuerbrand helfen, dürfen wegen bestimmter Inhaltsstoffe aber nicht mehr eingesetzt werden.
Die Versuche der Gentechnik entsprechen ganz unseren Ansprüchen an „moderne“ Äpfel: Sie sollen perfekt aussehen, gegen Schädlinge resistent, gut lagerfähig sein und am besten sehr knackig, saftig und süßsauer schmecken. Dem stehen die alten Apfelsorten gegenüber: Diese wurden noch basierend auf der Verwendung, ihrem (oft einzigartigen) Geschmack und dem jeweiligen Standort ausgewählt. Allerdings sind alte Sorten deshalb nicht überall pflegeleicht anzubauen. Sie können besondere Standortansprüche haben oder anfällig für Krankheiten sein, es gibt aber auch sehr robuste Sorten. Viele Sorten tragen schon in ihrem Namen ihr ursprüngliches Anbaugebiet, für dessen Klima sie am besten geeignet sind. Für gute Erträge im eigenen Garten sollten die nötigen klimatischen Bedingungen der jeweiligen Sorte also nicht missachtet werden!
Apfelsorten im Supermarkt 🍏
Gala hat nur sehr wenig Säure und schmeckt sehr süß. Diese rote Apfelsorte mögen Kinder oft am liebsten.
Golden Delicious ist der international beliebteste Apfel. Er hat nur wenig Säure und schmeckt sehr süß und saftig, was die grüngelbe Apfelsorte optimal für Desserts macht.
Jonagold kann gut gelagert werden. Die rote Sorte schmeckt süß, hat aber gleichzeitig eine sehr angenehme Säure.
Granny Smith schmeckt sehr säuerlich und fällt durch seine leuchtend grüne Schale auf.
Braeburn und Elstar sind beides rote, süß-säuerliche Apfelsorten. Außerdem ist Braeburn sehr saftig und somit ideal für Kompott und Saft geeignet. Außerdem hat er den höchsten Vitamin-C-Gehalt unter den gängigen Supermarkt-Apfelsorten.
Die Vorteile alter Sorten
Alte Sorten geraten seit einigen Jahrzehnten immer stärker in Vergessenheit. So gehen nicht nur Biodiversität und ein großes Stück Kulturgut verloren – alte Apfelsorten haben auch einige Vorteile gegenüber den Supermarktsorten zu bieten. Wusstest Du schon, dass Apfel-Allergiker alte Sorten oft problemlos essen können? Das Zauberwort lautet in diesem Zusammenhang Polyphenol.
Unsere liebsten alten Apfelsorten
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Martini
Die Apfelsorte Martini ist schon fast 150 Jahre alt – und eine Wintersorte! Während die meisten Äpfel im frühen Herbst reif werden, lässt sich der kugelrunde Martini bis spät in den November hinein Zeit. Die Sorte liefert viel Saft und schmeckt sehr angenehm würzig-frisch.
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Gravensteiner
Der Gravensteiner wurde im Jahr 1669 entdeckt und wurde in den letzten Jahrzehnten fast vergessen. Heute wird er zum Glück wieder angebaut, wenn auch nur relativ selten. Dabei duftet die Sorte sehr intensiv und schmeckt mindestens genauso lecker. Was die Anbaubedingungen betrifft, ist der Gravensteiner aber eine kleine Diva: Er braucht ein sehr beständiges Klima.
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Schöner aus Nordhausen
Eine Thüringer Apfelsorte ist der Schöne aus Nordhausen. Diese Sorte ist sehr robust und trägt zuverlässig Früchte, die leicht säuerlich schmecken. Besonders gut eignet sich der Schöne aus Nordhausen für Apfelsaft.
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Boskoop
Eine alte Apfelsorte, die es wohl als einzige auch ins Supermarkt-Regal geschafft hat, ist der Boskoop. Vielleicht kennst Du den Apfel mit der matten Schale aus dem Garten Deiner Eltern oder Großeltern. Der Boskoop wird relativ groß, schmeckt herb-säuerlich und eignet sich perfekt für Apfelkuchen. Den Namen hat die über 150 Jahre alte Sorte vom gleichnamigen Ort in den Niederlanden.
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Prinz Albrecht von Preußen
Die Sorte Prinz Albrecht von Preußen wurde 1865 vom Hofgärtner des Prinzen gezüchtet. Die royale Sorte ist robust, frosthart und trägt sehr zuverlässig leckere Früchte – ideal für den eigenen Garten!
Schneidest Du einen Apfel einer alten Sorte auf, färbt er sich vermutlich sofort braun. Durch das Aufschneiden werden nämlich die Zellwände zerstört. So können Pflanzenstoffe wie Polyphenol mit der Luft reagieren. Durch das Oxidieren von Polyphenol färbt sich der Apfel braun. Da dies nicht unseren heutigen optischen Ansprüchen gerecht wird, wurde Polyphenol weitestgehend aus Äpfeln herausgezüchtet. Die Äpfel werden so nicht so schnell braun und schmecken süßer. Allerdings bindet Polyphenol auch Allergene.
Alte Sorten sind oft viel zuckerhaltiger als moderne Sorten, da saure Äpfel mehr Zucker als süße enthalten. Durch diese Kombination aus Süße und Säure eignen sich saure Äpfel besonders gut zum Backen und Braten.
Beinhaltet ein Apfel viel Polyphenol, kann er oft bedenkenlos von Allergiker gegessen werden. Beinhaltet er kaum Polyphenol – so wie die meisten modernen Sorten – werden die Allergene nicht gebunden und von den 8 % der Europäer mit Apfel-Allergie zumindest im Rohzustand nicht vertragen. Erhitzt (zum Beispiel als Mus oder im Kuchen) werden die Allergene jedoch zerstört und sollten keine Probleme mehr bereiten.
An apple a day keeps the doctor away
Falls Du nicht allergisch auf Äpfel reagierst, solltest Du unbedingt regelmäßig zu dieser Frucht greifen. Äpfel sind wichtig für eine gesunde Ernährung: Sie enthalten viele Ballaststoffe, Vitamine, Mineralien und sekundäre Pflanzenstoffe, die das Immunsystem stärken. Außerdem wirkt das natürlich enthaltene Pektin cholesterinsenkend. Noch dazu machen Äpfel lange satt. Die Fruchtsäure vom Apfel gilt auch als „biologische Zahnbürste“, da das Kauen von Äpfeln die Zähne und Zahnzwischenräume etwas reinigt und das Zahnfleisch massiert.